Montag, 18. Juni 2007
sevilla (18.06.07 - 17:00 uhr)
oh mein gott, sevilla! ich hatte fast schon vergessen, wie schoen du doch bist...



ich sitze in einer seitenstrasse der kathedrale im schatten, trinke (schon wieder) eine jarra de cerveza und schreibe noch tagebuch.

so muss das sein. ich kann der dame in der hotelvermittlung am bahnhof meine vorstellungen zu meiner uebernachtung in relativ fliessendem spanisch verklickern. auch ihre antworten verstehe ich alle dem sinn nach...wenig spaeter habe ich eine reservacion fuer ein nicht zu teures zwei-sterne-hotel in zentrumsnaehe.

ich fahre mit bus zum centro urbano. ich laufe durch einen herrlich angelegten jardin mit baenken aus den von mir so geliebten azulejos. mein fotografisches gedaechtnis schlaegt alarm. hier war ich schon mal. als ich ums eck gehe, ist da auch schon der kunstvolle verzierte holzbalkon, den ich als bild in urlaubssehnsucht schon mehrfach auf meinem pc anschmachtete.



komisch - ich war in meinem bisherigen leben erst einen tag in sevilla und alles ist trotzdem so seltsam vertraut. als ich die kathedrale mit den vielen pferdekutschen sehe, wird mir warm ums herz. zwischen kathedrale und alcazar zupft ein gituarrero wunderschoene melodien auf seiner gitarre. ja, hier fuehle ich mich daheim...

mein hotel liegt zwei strassen von der kathedrale entfernt. die junge dame an der recepcion ist fuellig, aber sehr nett und mitteilsam. offenbar haelt sie mich fuer einen spanier ;o) das hotel ist in einem renovierten haus mit patio als treppenhaus. ich bekomme ein zimmer direkt unter dem dach und habe kathedralenblick. es ist einfach, aber funktional und stimmig eingerichtet. warum also mehr geld fuer mehr sterne ausgeben? ich habe vor vier jahren bereits eine individuelle gefuehrte und sehr informative tour durch sevilla hinter mir. ich kann jetzt also in den herrlichen arabisch anmutenden gaerten relaxen. kein touri-stress.



am donnerstag geht es dann weiter nach malaga wieder ans meer...

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im zug von madrid nach sevilla (18.06.07 - 13:00 uhr)
das war also doch kein normales liga-spiel gestern. vielmehr hat sich am letzten spieltag zwischen sevilla und madrid die meisterschaft in der spanischen liga entschieden. madrid gewinnt nach einem 0:1-rueckstand mit 3:1 gegen mallorca und wird meister. ich sehe die endgueltige entscheidung zusammen mit etlichen anderen fans vor einer grossbildleinwand auf der gran via. jetzt brechen alle daemme. troten, gegroele, typische ole-ole-gesaenge, freudenspruenge, autohupen...die polizei gibt auf, den verkehr zu regeln und sperrt alle zufahrststrassen zum "plaz de cibeles". dort werden - wie ich jetzt auch weiss - traditionellerweise die meisterschaftsfeiern von real madrid abgehalten. dafuer also die ganzen vorbereitungen...kaum ist das spiel abgepfiffen, stroemen die fans zu mehreren tausenden zum platz. aus allen richtungen kommen die mit bier, fahnen und troeten bewaffneten fans. es wird miteinander gesungen, getanzt und sich gefreut. es ist eine unglaublich positive stimmung. ueberhaupt keine aggression, keine gewalt und nicht mal alkoholleichen. erinnert mich alles doch sehr an deustchland im sommer 2006. ich sehe mir das treibe bis kurz vor ein uhr an. dann mache ich schlapp und gehe zurueck in mein hotel. in der fernseh-liveuebrtragung sehe ich wenig spaeter den campeones-doppelstoeckerbus mit den fans, der seine runden um den platz dreht. raul, beckham, carlos und co lassen sich gebuehrend feiern. ich verpasse die ganze prominenz um ca. 45 min. aber mal unter uns: fuer eine mannschaft wie real madrid ist eine meisterschaft doch eigentlich pflicht. wer das geld fuer die bestern spieler der welt hat, sollte doch eigentlich ohne problem meister werden. aber eigentlich ist fussball mir ja sowas von egal...

ich schlafe heute bis kurz nach neun, lese noch ein paar kapitel, rasiere und dusche mich, packe in aller ruhe meinen rucksack neu und checke schliesslich aus. die sonne scheint und es ist wesentlich waermer als die letzten tage. madrid freut sich, dass ich endlich gehe...

fahre mit der metro zum bahnhof atocha. dort bin ich erstmal baff. bei den fernzuegen gibt es sicherheitsvorkehrungen wie am flughafen. mein gepaeck und ich werden durchleuchtet. man darf auch nicht sofort auf den bahnsteig. der zug wird aufgerufen und dann gibt es gemeinsames boarding. wohl alles eine konsequenz des anschlages vor ein paar jahren. gut, dass ich heute zeitig genug los bin...

ich fruehstuecke in der wartezone, lese und trinke mal wieder viel zu viel kaffee. ich bin so vertieft, dass ich gar nicht merke, dass sich eine fussballmannschaft mit einigen offiziellen herren neben mir niedergelassen hat. an den emlemen auf den hemden erkenne ich, dass es sich offenbar um eine mannschaft aus sevilla handelt. das fernsehen ist auch da und interviewt spieler und trainer. schnell sind auch autogramm- und andenkenjaeger da. die mannschaft laesst geduldig die vielen erinnerungsfotos ueber sich ergehen. mir kommt keiner der spieler bekannt vor. fuer mich sind das nur jungs in trainingsanzuegen mit modischen frisuren, die auch bei siemens erlangen spielen koennten...

wie ich da so sitze und das treiben beobachte kommt mir ein anderer beklemmender gedanke. ich denke an den anschlag, der sich hier vor einigen jahren ereignet hat. die opfer von damals fuehlten sich bei ihrer tasse cafe con leche bestimmt auch sicher und dachten nicht daran, dass sie bald sterben...ein kurzer anflug von paranoia...weiter nix...

der ave ist das pendant zu unserem ice. von aussen schaut er etwas schaebiger aus. die innenausstattung ist dann aber doch etwas luxurioeser. bequeme sessel, fernsehen und keine nervigen schaffner.

nach kurzer fahrt haben wir madrid hinter uns gelassen und fahren durch die fuer spanien typischen, steppenartigen huegellandschaften und olivenbaumhaine. unednliche weiten aus gruen, oliv, blau und weiss in cinemascope. einige dreidimensional wirkende wolken verstaerken den effekt.

der neben mir sitzende japanerin ist in etwa so alt wie ich. sie spricht ganz gut englisch und schaut nicht schlecht aus. ich lasse mich also gerne auf ein gespraech ein. sie hat gerade ihren job hingeschmissen und braucht mal etwas auszeit. sie ist ein europafan und gerade auf spanien-tour. sie ist von meinen fast 1000 km zu fuss sehr beeindruckt. sie ist fuer eine asiatin angenehm unaufdringlich. so unterhalten wir uns ueber eine stunde angeregt. als sie hoert, dass ich noch kein hotelzimmer habe, schaut sie betreten drein. sie meint wohl, dass ich heute unter der bruecke schlafen muss. sie hat ihr hotel bereits anfang mai gebucht und selbst da war es schon schwer. ich lasse mir aber keine angst einreden. irgendwo werde ich schon heute nacht schlafen...

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Sonntag, 17. Juni 2007
madrid IV (17.06.07)
bin heute schreibfaul...das wichtigste in kuerze...

stehe um 8:30 uhr auf und dusche. kein kopfweh trotz geschlossenem fensters.

fruehstueck um 9:00 uhr mit cafe und tostadas con tomate y aceite in einer bar neben dem hotel

leider wieder regen. daher heute touristenkomplettprogramm.

besichtige den palacio real. bin tatsaechlich von dem prunkvollen thronsaal beeindruckt. ansonsten bevorzuge ich fuer meine palaeste einen eher schlichten stil mit klaren linien. hier ist alles doch sehr ueberladen und protzig...

danach hoere ich mir in der kathedrale die vorbereiteten gesaenge auf die mittagsmesse an. schoene stimmung. auch die kathedrale gefaellt mir. sehr schlicht und unerwartet bunte dekorationen an der decke.

kaufe mir "billete de dia" fuer die beiden panorama-buslinien madrids (http://www.madridvision.es).

hat mittlerweile aufgehoert zu regnen und ich schaue mir "madrid historico" vom oberen offenen deck des zweistoeckigen panoramabusses an. gut, dass ich den prado schon hinter mir habe, denn hier stehen geschaetzte vier milliarden menschen an.

lustwandle dann im "parque del buen retiro" (dem stadtpark). der schoene und riesengrosse stadtpark bietet vielen verschwitzten joggerinnen ein zu hause...es ist sonntag nachmittag. viele familien sind unterwegs. mache am palacio de cristal siesta auf einer bank und lese ein meinem buch.



kaufe mir trotz extremhunger kein bocadillo, denn das kostet hier 5 (!) €! der park ist trotzdem eine oase der ruhe in der heute extrem lauten stadt. ich bleibe auch am monumento alfonso XII lange sitzen und gucke den paddelbotten zu. nur keine hektik aufkommen lassen.



schaue mir danach das moderne madrid in der zweiten panoramabuslinie an. am plaza de cibeles wird schon wieder fuer eine veranstaltung aufgebaut. polizisten regeln mit permanenter schriller trillergepfeife den verkehr. dazu gibt es ein hupkonzert von den autos, die gerade auf dem weg zum stadion von real madrid sind. wieder sind reichlich uebertragungswagen des spanischen fernsehens vor ort.

das moderne madrid legt wert grossen wert darauf,schick zu schein. wir kommen am ueberdimensionierten plaza de colon mit columbus-statue und der groessten fahne, die ich je gesehen habe, vorbei.



danach passierenen wir "klein-manhattan" mit dem torre picasso und das bernabeu-stadion. dort trifft real madrid heute abend vor ausverkauften haus auf die mannschaft von mallorca. bereits stunden vor dem spiel herrscht volksfeststimmung vor dem stadion. erinnert mich ein bisserl an unsere wm. wird madrid heute evtl. meister? oder ist das nur ein normaler spieltag?

nach dem abendessen werde ich heute evtl. noch einen flamencobarversuch starten. habe einen tipp fuer die angeblich beste flamencobar der stadt bekommen. vamos a ver...

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Samstag, 16. Juni 2007
madrid III (16.06.07)
ruuuuuuuuuuuuuuuuuueeeeeeeeeeeeeeelps! perdon! hombre, bin ich satt! weil ich richtig hunger hatte und das preis-leistungsverhaeltnis einfach unschlagbar ist, war ich heute abend wieder im "fresc cos" (schade. gibt es wirklich nur in spanien -->siehe www.frescco.com). ich habe zwei schalen gazpacho geschluerft und drei riesen-salatteller reingemampft...



aber vor allem mein saubohnen-gruene-boehnen-kidney-bohnen-rote-zwiebel-mais-knoblauch-tabasco-teller hatte es in sich. da werden sich morgen menschenunwuerdige szenen auf der gemeinschaftstoilette meines neuen hotels abspielen...

ich habe mich heute morgen nach meiner internet-orgie noch etwas im madrider nachtleben treiben lassen und noch das eine oder andere bierchen genommen. war dann um kurz nach zwei in meinem hotelzimmer. der partymob tobte aber noch lautstark bis weit nach drei auf dem platz direkt unter meinem hotelzimmer weiter. selber schuld, ich wollte ja unbedingt zentrumsnaehe...

ich krieche um kurz nach halb zehn aus meinem bett und goenne mir eine heisse dusche. die beiden camereros beim fruehstueck benehmen sich wie unausgeschlafene, uebellaunige frankenruepel, sind extrem muffelig und zu imperativ im ton. ich packe mal wieder meine sachen in meinen backbag zusammen, zahle und wechsle das hotel. ich wohne jetzt in einem wesentlich billigerem ein-sterne-hostal. der hombre an der recepcion ist ausgesprochen nett und freut sich, dass ich ein pocito de espanol drauf habe. er duzt mich auch gleich laechelnd. in meiner 2x3 quadratmeter-zelle gibt es kein klo und auch kein tageslicht. das bett und die integrierte duschkabine taugen aber. in meiner pilgerzeit waere ich manchmal froh ueber dieses zimmer gewesen.

es regnet schon wieder. geschaeftstuechtige necher haben ihren bauchladen bereits von uhren-, cd- und dvd-imitaten auf regenschirme umgestellt. jaja, man muss flexibel auf die nachfrage reagieren. nur so schafft man sich einen echten wettbewerbsvorsprung ;o) ich gucke interessiert zu, wie sich eine meise mit vergnuegtem blick die schoensten und groessten brocken aus uebrig gebliebener kotze von heute nacht pickt.

ich besuche das "museo nacional reina sofia". dort beschaeftige ich mich mit zeitgenoessischer kunst und spanischer avantgarde. ich leiste mir heute sogar einen deutschen audioguide. das ist auch bitter noetig. ich haette in einer weissen leinwand mit sechs schwarzen tupfern keine "maximale interpretationsfreiheit fuer den betrachter" erkannt. neben vielen fragwuerdigen exponaten gibt es aber auch kunst, die selbst ich zweifelsfrei als solche erkenne, zu bewundern.

mein lieblingsstuecke heute...

picasso's guernica (nicht fornika!)

und

gargallo's grosser prohet



ich hoere mir brav die audiokommentare an und finde sie auch die erste stunde ueber sehr interessant. nach und nach stumpfe ich aber ab und sehe mich mehr und mehr satt an den immer flaechiger werdenden exponanten. ich werde immer mueder. nach insgesamt drei stunden anlaytischen und synthetischen kubismus, pop art, surrealismus,... dreht sich bei mir alles. leider ist meine taktik heute nicht aufgegangen. nach dem museumsbesuch scheint heute leider nicht die sonne...

dann mache ich eben etwas vernuenftiges und planvolles. ich erkundige mich am riesen metro-, schnellbahnen- und renfe-bahnhof "puerta de atocha" nach meiner naechsten reismoeglichkeit nach sevilla. im intelligenten wartesystem musse ich mich dafuer ueber eine dreiviertelstunde anstellen. was solls? ich hab ja zeit. im fliessenden spanisch erstehe ich dann eine hinfahrkarte fuer montag mittag. die fahrt dauert gerade mal 2,5 stunden, kostet aber satte 72 €! die kommunikation klappt perfekt. der schalterbeamte versteht alles. ich bin stolz auf mich! vivo senor lopez und die erlanger volkshochschule...

und jetzt werde ich noch etwas zu stilrichtungen in der kunst und sehenswuerdigkeiten von sevilla recherchieren und darauf hoffen, dass der regen heute vielleicht doch noch mal nachlaesst...

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Samstag, 16. Juni 2007
madrid II (15.06.07)
wollte gestern abend eigentlich (eigentlich sagt man eigentlich gar nicht!) noch in eine flamencobar. die wollten aber 29 € fuer eine stunde tanz ohne live-gitarre. smells like touristenabzocke. dann bin ich halt indisch essen gegangen. darauf habe ich naemlich schon lange (g)lust. vegetarische samosa und knoblauchlinsen. lecker! auf dem heimweg bin ich dann zum zweiten mal an diesem tag richtig nass geworden. madrid macht es mir an meinem ersten tag nicht gerade leicht...

heute wache ich um kurz nach 8:00 uhr auf. im hotelrestaurant nehme ich meíne pappsuessen schokocroissants. draussen werden schon wieder regenschirme aufgespannt. aber ich habe es eh nicht eilig und finde so mehrere "cafe solo largo" lang zeit, um etwas zu formulieren, was mir am herzen liegt...

lobpreisung fuer ein kluges maedchen aus milano

cristina zaehlt zu meinen wichtigsten begegnungen auf dem camino. mit ihr habe ich oft ausgelassen herumgealbert, aber auch viele sehr intensive gespraeche ueber gott und die welt gefuehrt. in ihrem grundkurs "italienisch fuer anfaenger" lehrte sie mir/uns lebensfreude, offenheit und vor allem mehr gelassenheit im alltag. warum auch nicht mal siesta machen, wenn einem das wasser bis zum hals steht? hinterher geht es auf jeden fall ausgeruht und gelassen weiter. und vielleciht schaut die welt dann sowieso schon wieder ganz anders aus. einfach ruhe bewahren...bei zu loesenden problemen hatte ich bisher immer hummeln im hintern und keine ruhe. die loesung musste moeglichst sofort her. aber schnell ist nicht automatisch gut. uns deutschen wird ja auch ein planungszwang nachgesagt. wir muessen alles vorplanen und wollen die situation immer im griff haben. bisher konnte ich nur dann beruhigt in den urlaub fliegen, wenn das hotel und der mietwagen monate im voraus nach eingehender internetrecherche gebucht waren. cristina ist da anders. sie vertraut oft darauf, dass es sicherlich irgendwie schon klappen wird. was haben wir auch schon gross zu verlieren? meine oben beschriebene nervoese unruhe und hektik sind ihr fremd. ist das gottvertrauen oder italienisch? sie lebt uns ihre haltungen so selbstverstaendlich vor, dass sie dabei gar nicht merkt, wie sehr sie uns verklemmten deutschen als vorbild dient. ich habe versucht, mir so manche scheibe abzuschneiden. hoffentlich verderben sie nicht so schnell in meinem alltag. fuer unsere gruppe war sie als fuenf-sprachen-fliessend-genie die grosse organisatorin, die ohne zu zoegern staendig die initiative ergriff, verantwortung uebernahm und sich um alle anstehende fragen und probleme kuemmerte. "nicht lange reden, handeln!" ist ihr motto. ich kam mir manchmal richtig schaebig vor. natuerlich war das auch sehr bequem fuer unsere gruppe. wir wollten ihre gutmuetigkeit aber nie ausnutzen und sie hat sich ja auch nie beschwert. mit ihrer aussergewoehnlichen kontaktfreudigkeit schlug sie uns so manche bruecke zu pilgern, ganzen pilgergruppen oder einheimischen. fuer einen schwatz mit einem zahnluckigen campensino oder einer alten witwe war sie immer zu haben. sie hat interesse an menschen mit geschichte und hoert sich diese auch gerne an. ich habe wirklich niemanden getroffen, der cristina nicht leiden konnte. vielmehr wurde sie staendig lautstark und mit grossem "hallo" begruesst und geherzt. ihre herzlichlichkeit und offenheit ist eben absolut authentisch. es ist herrlich mit anzusehen, wie ausgelassen und ehrlich sie sich freuen kann. da kann es schon mal passieren, dass sie mitten in einem ernsten gespraech aufschreit, um dann in bestzeit quer ueber einen grossen plaza zu spurten. und das nur, weil sie jemand bekanntes entdeckt hat. ich waere auch gerne so. aber ich habe nun mal kein suedlaendisches temperament. schade eigentlich...wenn sie sich ihre kraefte richtig eingeteilt hat ;o> ist cristina ein garant fuer gelassene gute laune mit tiefgang...die welt waere eine bessere, wenn es mehr cristinas gaebe...

liebe cristina! ich bin sehr froh, dich getroffen zu haben. danke, dass du ein grosses stueck des weges mit mir gegangen und in santiago angekommen bist. ich wuensche dir von ganzem herzen alles liebe und gute und freue mich schon jetzt auf unser revival-treffen im august...huehner?


doch zurueck nach madrid...

gegen halb 11 mache ich mich dann doch mal auf den weg. bei dem unsicheren wetter entscheide ich mich zunaechst fuer einen besuch im spanischen nationalmusem, dem prado. mein kurzer weg dorthin fuehrt am congresso de los diputatos vorbei. dort werden gerade hektisch vorbereitungen fuer einen grossen staatsakt getroffen. im rahmen der "30-anos-de-democracia"-feierlichkeiten sind ausgerechnet heute und morgen "jornadas de las puertas abiertas" (tage der offenen tuer). das gemeine volk darf das abgeordnetenhaus inspizieren. viele hunderte schaulustige stehen auch schon schlange und begehren einlass. rote teppiche, rednerpulte, tribuehnen, uebertragungswagen von tve, absperrgitter, fotografen, musikanten in dummen blau-roten-uniformen...scheint ein ganz grosses fest zu werden. deswegen also wimmelt ganz madrid von hunderschaften von policia und guarda civil. nachdem die eta kuerzlich einseitig die waffenruhe aufgekuendigt hat, will man offenbar nichts dem zufall ueberlassen. alle plaetze oeffentlichen interesses werden intensiv bewacht. gestern waren selbst in den angrenzenden geschaeften sicherheitsbeamte. da kann einem schon mulmig werden...jetzt erkenne ich auch, dass die gestrige live-uebertragung mit zapatero und co knapp 50 meter luftlinie von meinem hotel stattfand. darum also kreisten die ganze nacht hubschrauber ueber meinem kopf...

ich beschaeftige mich im prado bis ca. halb 3 mit spanischer, italienischer, flaemischer, hollaendischer und franzoesischer malerei des 15.-18. jahrhundert.



ich lese alle bildbeschreibungen in meinem deutschen fuehrer und uebersetze mir sogar die spanischen bildtitel. mein iPod spielt dazu die herrlichen adagios von joaquin rodrigo und sitarmusik von anushka shankar. es ist sehr spannend und entspannend. hier gefaellts mir. ich sollte mich mit malerei eingehender und oefters beschaeftigen...

wen es interessiert...
meine faves sind:

bruegels "triumph des todes"

,

boschs "garten der lueste" und



valezquezs "die meninas".



ich verlasse den prado bei strahlendem sonnenschein. gestiegene stimmung und besseres wetter. ich besuche den koeniglichen botanischen garten, habe aber kein rechtes interesse fuer die dortigen pflanzen. ich geniesse lieber die sonne auf einer wiese, die man eigentlich gar nicht betreten darf. siesta!

danach schlendere ich zwischen herrlich nach tapas riechenden bars und restaurants in hektischer betriebsamkeit zum plaza mayor. mein karges mittagessen besteht aus einem kleinen barra de pan und un media litro de agua. im herzen bin ich halt doch noch ein genuegsamer pilger.

vorbei an der catedral la almendena fuehrt mein weg dann zum palacio real und dem schoen angelegten plaza de orient (der platz vor dem palast).



exakt geschnittene irrgartenhecken und buchsbaeume neben marmorstatuen, die in reih und glied angeordent sind. ich besuche weder die kathedrale noch den palast. ich bleibe lieber in der sonne sitzen, chille zu cafe del mar, beobachte leute und geniesse die warme, helle atmoesphaere. die parks und gruenanlagen hier sind bei sonnenlicht sehr einladend und wollen einen gar nicht mehr loslassen. egal ob in den jardines de sabatini, rund um den templo de debod oder auf dem plaza espana...ich muss ueberall kurz pausieren, siesta machen, lesen, tagebuch schreiben und gucken.

offenbar durch die starke sonneneinstrahlung stimuliert liegt heute liebe ueber der stadt. ueberall lassen sich unglaublich gut aussehende frauen in viel zu kurzen roecken und zu eindeutigen tops von ihrem kernigen dreitagesbartfreunden die zungen tief in ihre rachen stecken. eng umschlungene paerchen mit rotierenden zungen und knetenden haenden. die hombres fuehren nur allzu gerne zuzahlungsfreie, lang andauernde mammographien durch, waehrend die mujeres anschliessend mit beherzten lendengriffen ueberpruefen, ob die gewuenschte wirkung auch schon eingetreten ist. ich bilde mir das wirklich nicht ein. hier geht es in der oeffentlichkeit ein ganzes stueck expliziter zur sache als bei uns in deutschland. ich traue mich da gar nicht hingucken. ich will schliesslich nicht als spanner gelten...aber meine mehrwoechige zolibataere pilgerabstinenz beginnt jetzt langsam auch physisch weh zu tun...

mit grossen kinderaugen passiere ich die wolkenkratzeraehnlichen gebaeude und haeuserschluchten in der gran via.



so etwas hat der kleine matthias bisher noch nicht gesehen. a touch of new york. es ist freitagabend und auf den strassen ist die hoelle los. auf dem puerta de sol geht es zu wie auf der bergkirchweih bei schoenem wetter und freibier. ich esse im "fresc co" zu abend. das ist eine franchise-restaurant-kette, die sich auf die fahnen geschrieben hat, nur gesundes aus frischen zutaten anzubieten. das all-you-can-eat-buffet kostet 9,95 € inkl. einem getraenk. die salate sind eine wucht. der vegetarier-himmel schlechthin. zum nachtisch kann man sich kaffee zapfen und postres oder fruechte nehmen. geiles konzept. schade nur, dass es so etwas nicht bei uns gibt...

na also, madrid! es geht doch! warum nicht gleich so? ich habe mich erst auf den zweiten blick in dich verliebt. aber das haelt ja oft am laengsten...

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Donnerstag, 14. Juni 2007
madrid I (14.06.07)
nach 9,5 stunden busfahrt komme ich heute morgen um kurz nach sieben in madrid an. waehrend der busfahrt habe ich immer wieder in 15 minuten-bloecken in sehr halswirbelsaeulenunfreundlichen stellungen schlaf gefunden. insgesamt komme ich wohl auf ca. 2 stunden schlaf. entsprechend geraedert fuehle ich mich heute morgen.

es ist gerade rush-hour. ueberall rennen menschen zu u-bahnen und zuegen, schubsen, draengeln, fluchen,...autos hupen. zuege fahren mit quietschenden bremsen ein. es ist fuerchterlich laut und hektisch. erst jetzt merke ich, dass ich wirklich voellig entschleunigt bin. selbst die erste busfahrt gestern frueh fuehlte sich an wie ein rasend schnelle karusellfahrt. in den letzten fuenf wochen habe ich ja alle distanzen ausschliesslich zu fuss zurueck gelegt. ich bin auf ein ganz anderes tempo eingestellt...

ich bin heute morgen etwas ueberfordert. madrid ist nach london und berlin die drittgroesste stadt europas. da ich in den letzten tagen nur noch galicische doerfer mit max. 2000 einwohnern gewoehnt war, tue ich mir mit der umstellung entsprechend etwas schwer.



es dauert ein bischen bis sich die erste voellige desorientierung gibt und ich das stadtzentrum finde. ich checke in dem hotel "miao" ein. ich kann zwei naechte zu jeweils 75 € bleiben, dann ziehe ich ein preisguenstigers hostal (40 € die nacht) um. beide unterkuenfte liegen ca. 5 fussminuten zum plaza mayor. ich taumle ein wenig ziellos durch die vielen strassen. es gibt wahnsinnig viele schuh-, mode und schmuckgeschaefte und bars. ich esse in einem vegetarischen schnellimbiss eine falafel aus einem pan integral. echt sehr lecker. man kan sich seine falafel mit allerhand sossen und gemuese pimpen wie man will. schade, dass es so etwas nicht bei uns gibt.



das "el corte ingles" hier ist noch riesiger als das in leon. es ist auf drei sechsstoeckige haeuser aufgeteilt. ich will mir nur ein paar sachen zur auffuellung meines kult-beutels nachkaufen und bin von dem angebotenen produkten voellig erschlagen. ich brauche dafuer mehr als 20 min. ich sehen mich zurueck nach kleinen supermaerkten mit uebersichtlichen angeboten...es wird wohl etwas dauen bis ich meinen herzschlag wieder mit dem einer grossstadt synchronisiert habe. schon komisch, wie schnell man eine sich an eine andere lebensart gewoehnt.

ich fluechte mich erstmal fuer mehrere stunden ins internet-cafe und trage fleissig meine handschriftlichen eintraege nach.

ich habe etwas angst in die boese, laute und unuebersichtliche welt dort draussen zurueckzukehren...;o)

ich haette wohl doch noch etwas am meer bleiben sollen...

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santiago de compostela (13.06.07)
oh mann! ich bin so ein verdammter hirni! ich habe gestern beim bezahlen des hotels vergessen, mir meinen ausweis zurueckgeben zu lassen. leider faellt mir das erst heute morgen auf dem 2,5 stuendigen bustransfer von finisterre nach santiago ein. fuer mich bedeutet das, dass ich heute insgesamt 7,5 stunden (fin-san-fin-san) buspendeln muss, um mir meinen ausweis zureuckzuholen. wenigstens gibt der schmuddlige, walrossschnauzbaertige chef des hauses mit dem faible fuer spanische daily-soaps mir mein carnet de identidad ohne probleme. er entschuldigt sich sogar. und es tut ihm wirklich richtig leid.

gut, dass ich mir gestern in einer libreria ein buch gekauft habe. es standen vier deutsche buecher zur auswahl. eines davon ist ein historischer roman ("das perlenmedaillon"), der in nuernberg spielt und von einer fraenkischen authorin geschrieben wurde. wenn das kein zeichen ist. es ist gut, nach fuenf wochen mal wieder etwas deutsches zu lesen...und ein willkommener begleiter fuer meine heutigen busstunden.

auf dem letzten rueckweg hat dann auch noch ein mann (ich vermute) einen herzinfarkt. es faengt damit an, dass er sich frischluft zufaechelt. das faecheln wird immer schlimmer. er sagt seiner frau, dass ihm calor (heiss) ist. ploetzlich verliert er das bewusstsein und faengt an zu brechen. gluecklicherweise faehrt wohl jemand mit medizinsichem sachverstand mit und kuemmert sich um ihn. der bus haelt kurz am strassenrand. keine 5 minuten spaeter wird der mann mit der ambulancia abtransportiert. es war auch ein pilger...angeblich sind imletzten monat insgesamt drei pilger wegen herzproblemen und/oder erschoepfung gestorben...ich wuensche ihm alles gute...

am abend verabschiede ich mich von nicole. sie nimmt dann um 23:00 uhr den bus zum flughafen nach bilbao. fuer mich geht es um 21:3o uhr in den bus nach madrid.

just in dem moment in dem ich meine sachen packe und zur plattform gehen will beginnt das musikvideo von "fix you" (mein aboslutes lieblingslied von coldplay). was fuer ein gaensehautmoment (emotionshuehner). die ganze zeit wurde auf der grossbildleinwand nur spanische musik gedudelt. und nun, da ich santiago den ruecken kehre...

"...lights will guide you home..."

harter stoff!

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finisterre III (12.06.07)
ein weiterer faulenzer-nachdenkertag...

nach dem gemeinsamen fruehsteuck gehen nicole und ich getrennte wege. wir verabreden uns aber immer wieder fuer cafe- und essenspausen. jeder bracuht am ende des caminos zeit fuer sich.

ich gehe lange am strand spazieren und hoere musik. ich hole mir die letzten fuenf wochen vor mein inneres auge. in meinem kopf geht es drunter und drueber. eine achterbahnfahrt der emotionen. im einen moment bin ich geruehrt oder traurig und moechte am liebsten losheulen. im naechsten moment erfuellt mich eine tiefe und warme zufriedenheit. oder ich koennte mich einfach nur schlapp lachen. mit den fuessen im wasser starre ich immer wieder laengere zeit leer auf das meer. auch wenn alles wild durcheinander geht. irgendwie macht heute alles doch mehr sinn als noch gestern oder vor wenigen tagen. ich bin froh den camino gemacht zu haben. ich hab wichtige lektionen gelernt...

ich denke uber schicksal, zufall, fuegung und bestimmung nach. waere ich mit meinem fuss in burgos nicht gegen den ast gerannt, waere alles ganz anders gekommen. ich haette keine zwangspause in sahagun einlegen muessen und waere weit vor meiner lieb gewonnenen vierer-gruppe in santiago angekommen. der weg und die ankunft waeren komplett anders gewesen. wer weiss, was passiert waere, wenn ich mich nicht verletzt haette. besser? schlechter? keine ahnung! wie oft bekommen wir von solchen scheinbaren zufaellen entscheidende richtungen fuer unser leben mit. bei "lola rennt" kann man sich als zuschauer fuer einen von drei-vier moeglichen ausgaengen entscheiden. im leben gibt es immer nur einen als reaktion auf den zufall oder das schicksal...wer sitzt da im hintergrund und schreibt unsere drehbuecher? auf diese frage habe ich leider keine antwort bekommen. aber da muss was sein...

der sehr nette wirt einer leicht heruntergekommenen fruehstuecksbar am hafen beeindruckt uns mit seinen deutschkenntnissen. er ist hier in finisterre geboren und hat dann lange jahre in deutschland am fliessband bearbeitet. im anschluss daran ist er fuenf jahre zur see gefahren und hat dabei nahezu die ganz welt gesehen. wie aus einem maschinengewehr kommen die angelaufenen haefen in chronologischer reihenfolge. die nummer hat er drauf und hat sie wohl auch schon oefters gebracht. er ist sichtlich stolz darauf. etwa zehn min. 10. min von seinem gebursthaus betreibt er jetzt die bar. zu hause ist es eben doch am schoensten? gelangt man zu dieser einsicht unweigerlich dann, wenn man laengere zeit im unterwegs war? suchen wir das, was wir schon laengst haben? aber sehen wir dabei den wald vor lauter baeumen nicht?

am abend gehen ich mit nicole noch in die schoenste bar von finisterre. wir haetten sie beinahe uebershen, da sie in einer seitenstrasse liegt. vom charme her irgendwo zwischen literatencafe und kuenstler- und spontikneipe. es gibt eine riesengrosse panoramafensterfront mit idyllischem blick auf den hafen. ueberall haengen fotos und mitbringsel von pilgern aus aller welt. ich fuehle mich hier erstmals mit allen pilgern seltsam verbunden. auf einem zettel ueber der bar steht "viva fidel castro". plakate von che guevara haengen an der wand. in den angemalten ikea-buecherreglaen finden sich allerhand buch-kuriositaeten (z. B. eine spansiche ausgabe des korans). es ist toll hier zu sitzen und der netten jazz und bossanova-musik bei einer jarra "estrella galicia" zu lauschen. der wirt ist sichtlich in seinem element. immer wieder pfeift er vergnuegt mit und macht faxen mit den gaesten. er hat es geschafft. er ist gluecklich mit dem was er tut...

nicole und ich fuehren ein sehr intensives gespraech ueber lebensplanung, wege und weichenstellungen. ich trinke mal wieder viel zu viel. der wirt laesst die bar extra fuer uns bis nach 23:00 uhr geoeffnet...

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finisterre I (10.06.07)
unsere heutige letzte etappe war die landschaftlich schoenste des ganzen caminos. das beste eben ganz zum schluss...

wir naehern uns dem meer auf einer hochebene mit vielen schoenen tiefblicken. oftmals erahnen wir in der ferne schon das meer, sind uns aber nicht sicher.

der erste richtige panoramablick auf die weite des atlantiks ist dann einfach nur sensationell. ein augenblick, auf den wir drei uns seit langem freuen. wir passieren die ersten hafenstaedte. alles ist noch in grau gehuellt und wirkt wenig einladend.

kurz darauf reisst es - genau im richtigen moment -auf. wir passieren mehrere weisse traumsandstraende und die sonne laesst das wasser blau-tuerkis leuchten. in einem nobelrestaurant belohnen wir uns mit zwei glaesern galicischen weissweins aus herrlich klingenden glaesern.



auf dem eigenen strand des restaurants raekelt sich gerader mal ein badewilliger. etwas beschwipst gehen wir die letzten 7 km unseres caminos an. warum haben wir nicht schon viel eher bemerkt, dass es grossen spass macht, angetrunken zu pilgern ;o)

wir erreichen den langgezogenen strand von finisterre.



wir troedeln hier noch etwas herum und genissen die vom strand und vom rauschenden meer ausgehenden urlaubsstimmung. nur mit viel muehe koennen wir cristina von einer siesta abhalten ;o)



finisterre ist ein nettes kleines fischerdorf mit einer vorgelagerten haesslichen neustadt. das dorf selber hat sich aber seinen kauzigen charme bewahrt. wir suchen uns in einem hostal ein dreibettzimmer fuer 30 euro pro nacht.



vom dorf aus sind es noch ungefaehr 3 km zum kap mit dem leuchtturm und den sprichwoertlichen sonnenuntergaengen. wir haben uns mit sidart zum picknick verabredet. leider haben wir nicht daran gedacht, dass heute sonntag ist. wir besorgen uns bocadillos und eine falsche weisswein. das muss reichen.

leider spielt das wetter nicht mit. wind kommt auf und treibt wolken ueber den rand des kaps. es zieht sich immer zu und faengt schliesslich zu regnen an.



wir machen trotzdem die obligatorischen touribilder am kilometersstein mit den 0.00 km.



nicole verbrennt ihre bluse, die beim letzten trocknen doch arg litt. ein aelterer deutscher legt seine xxl-feinripp-unterhose mit deutlich gelb-braunen pilgerspuren nach. so macht man das hier eben. aus allerlei ecken kommt qualm und der geruch von verbrannten atmungsaktiven material.

ueber ein paar felsen geht es nach dem leuchtturm weiter an das definitive ende der welt. allerspaetestens an diesem punkt ist der camino nun endgueltig zu ende. weiter kann man wirklich nicht mehr in diese richtung gehen. wer hier aufsteht und sich herumdreht, hat bereits den ersten schritt eines neuen weges mit einer anderen richtung gemacht. vielleicht faellt es cristina auch deswegen so schwer, zu gehen. uns anderen ist der wind und der regen zu stark.

wir fluechten uns in die bar neben dem leuchhturm. wir sind erstaunt. eine derart schnucklige bar haetten wir von aussen gar nicht vermutet. leider aber bedienen zwei bocklose teenies und ziehen bei jeder bestellung einen flunsch. schade eigentlich. aus diesem ort koennte man mit dem richtigen personal und einigen ideen viel machen...

wir trinken zuegig aber ohne hast die weissweinvorraete der bar leer. sidart berichtet von einem denkwuerdigen outdoor-kack-erlebeniss. einmal sass er dirket am wegesrand und konnte sich nicht mehr rechtzeitig fluechten. den vorbeigehenden pilgern hat er dann kackenderweise und grinsend einen "buen camino" gewunscht. ich lache mich ueber diese vorstellung schlapp. im laufe des abends bekomme ich deswegen immer wieder lachattacken...

bei orkanartigen wind und dichtem nebel treten wir schliesslich den heimweg an. im hintergrund hoeren wir immer wieder das nebelhorn eines vorbeifahrenden schiffes...tja, kein sonnenuntergang heute. das wetter ist hier wohl oefters so. nicht umsonst heisst es auch "costa del morte" (todeskueste). einige schiffe kamen hier schon in seenot...

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olveiroa (09.06.07)
wir wurden vor dieser zweiten etappe nach finisterre gewarnt. sie soll sehr eintoenig und langweilig und mit 30 km auch anstrengend sein.

wir starten um 6:45, gehen alleine und verabreden uns fuer die erste bar. wider erwartens gefaellt uns die landschaft gut. zwischen neigreira und oliveiroa gibt es bis auf zwei bis drei kleine bars keine pilgerfaehige infrakstruktur.

es geht durch neblige eukalyptuswaelder auf einer hochebene. bis auf die winzdoerfer (alle unter 50 einwohner) sind wir hier mit der natur ganz alleine. ausser den bereits bekannten gesichtern treffen wir heute auch fast keine pilger. wir wandern teilweise ueber der wolkenhoehe und bekommen einen eindrucksvollen blick auf einen wolken verhangegen talkessel. roque de los muchachos xxs. die vielen grossartigen eindruecke unserer ankunft in santiago koennen sich so in ruhe setzen lassen. ab und zu werde ich durch aggressiv bellende wachschaeferhunden aus meinen gedanken und tagtraeumen in die wirklichkeit zurueckgeholt...

mit der zeit verschwindet der wald und wir laufen durch huegelige weidelandschaften. wir passieren mehrere hundert schwarz-weisse lurchi-kuehe. manchmal fuehrt unser weg auch direkt durch misstrauisch dreinblickende kuhherden. seit meinem rempler neulich wahre auch ich einen resoektablen sicherheitsabstand.

gegen nachmittag kommen wir zu einem aussichtspunkt mit schoenen blick auf einen stausee und das huegelige hinterland. oftmals ist der weg wegen umleitungen nicht eindeutig. meine beiden liebslingspilgerinnen werden langsam quengelig, da sie endlich ankommen moechten. nur mit viel muehe und einer ausserplanmaessigen siesta mit den von mir neu kreirten bocadillos con platano y chocolate bleibt die motivation und der zuckerspiegel erhalten.

um 15:00 uhr erreichen wir dann endlich geschafft unsere wohl letzte albergue des caminos. es ist ein mit viel liebe zum detail umgebauter alter bauernhof.



wir muessen noch eine stunde in der sonne auf die hospitalera warten. die bettenverteilung kann dann keiner so recht nachvollziehen und so kommt es kurz zu tumoltartigen zustaenden. wir muessen in dem immer noch etwas nach tier riechendem kuhstall naechtigen. nachdem wir unsere betten beschlagnahmt haben, will cristina erstmal ungeduscht cerveza con lemon in der einzigen bar des ortes. wir lassen uns schnell ueberreden...das zischt!



highlight der albergue: eine zweier-schlafgelegenheit in einem typischen auf steinpfosten aufgebockten kornspeicher (horreo). hier schlafen heute nacht sidart und miguel...

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Dienstag, 12. Juni 2007
negreira (08.06.07)
nach nur drei stunden schlaf stehen wir um 8:00 uhr auf. unser letztes fruehsteuck mit tim. die stimmung ist entsprechend gedrueckt. heute wird unsere vierer-gruppe der letzten woche zerschlagen. nach dem fruehstueck machen wir es kurz und schmerzlos. kurz gedrueckt und lebewohl gesagt. that's it! im laufe des tages bekommen wir noch einige sms von tim...

gegen 9:45 uhr machen wir uns auf den weg. wir lassen santiago hinter uns. es fuehlt sich komisch an, jetzt schon zu gehen. irgendwie zu frueh, aber ich gebe dem gruppenzwang nach. die stimmung bleibt zunaechst gedrueckt. jeder ist mit sich beschaeftigt. wir bemerken fast nicht die toll duftenden eukalyptusbaeume. der weg fuehrt durch typisch galicische doerfer zwischen 30 und 200 einwohnern. wir aechzen sehr, als wir den extrem steilen anstieg auf den alto do mar de quella hinter uns bringen.

wir einigen uns gleich auf einen termin fuer ein revival-treffen unserer vierer-gruppe am ersten wochenende im august. das soll die anderen abschiede einfacher machen. tim sagt spontan per sms zu. auch christoph soll dabei sein.

leider gibt es auf den weg nach finisterre nicht viele alberguen, so dass der run auf die betten wieder beginnt. wir kommen gegen nachmittag in negreira an und bekommen nur noch notmatratzen. neigreira selbst ist eine haessliche 7000 einwohner-stadt. auf dem einzigen gruenstreifen machen wir mitten auf der calle mayor vor einem pilgerdenkmal sehr zum erstaunen der einheimischen siesta im autolaerm.



der pilger auf dem denkmal sieht aus, als wuerde er sich am sack kratzen. ein italienischer pilger?

wir vertroedeln den nachmittag in einer schmuddeligen pizzeria-ciber-cafe-bar bei cafe con cerveza con lemon. schliesslich sind wir zu faul noch wo anders hinzugehen und essen auch dort zu abend. die pizza ist wider erwartens gar nicht schlecht.

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santa irene (06.06.07)
sitze im schatten eines kirschbaumes und hoere reggae. wir hatten in einer privaten herberge reserviert und werden mit einem vier-bett-zimmer im dachgeschoss fuer uns alleine belohnt. alles ist sehr persoenlich und privat. die mujer dela casa wird heute fuer uns heute kochen. es gibt einen riesigen garten mit obstbaeumen, in dem ich mit cristina fussball spiele. es ist die revanche fuer das wm-halbfinale ;o) morgen stehen die letzten 20 km nach santiago an und ich weiss nicht so recht, was ich davon halten soll...

nach einem fruehstueck mit tostadas con aceite z tomate laufen wir heute gegen 9:45 uhr los. wir gehen es heute aeusserst gemaechlich an. tatsaechlich beruehrt mich das herunterzaehlen der km von stein zu stein mehr (seit galicien kommt alle 500 m ein kleiner meilenstein, auf dem die restlichen km bis santiago noch vermerkt sind). wir kommen an zwei gedenksteinen fuer pilger, die kurz vor santiago verstorben sind. tim macht vor einem aelteren deutschen ehepaar dumme witze darueber, fuer die ich mich schaeme...

das abenteuer scheint langsam zu ende zu gehen. ich werde mir zeit am meer fuer eine erste kleine zwischenbilanzziehung nehmen. die groesste erkenntnis kann ich ber auch schon jetzt formulieren. was meine spirituelle leere anbelangt, habe ich einige neue blickwinkel auf glauben kennengelernt. gott gefunden habe ich aber nicht.

...I have climbed highest mountain
I have run through the fields
Only to be with you
Only to be with you...

But I still haven't found what I'm looking for
But I still haven't found what I'm looking for...


ich habe viele kleine impulse bekommen; auf den gnz grossen warte ich aber noch...ich werde mir wohl weiterhin meine religion und meinen glauben selber mass-schneidern muessen. zu anfang fand ich es zwar faszinierend, die leute in ihrem strengen glauben versunken zu sehen. mittlerweile schrecken mich die strengen rituale der (katholischen) kirche ab. haupterkenntnis: ich muss mich mehr mit buddhismus beschaeftigen...evtl. finde ich dor die fehlende bausteine fuer meine ganz eigene religion...

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Dienstag, 12. Juni 2007
finisterre II (11.06.07)
kurze zwischennachricht...hier gibt es nur zwei internetfaehige pcs...

ich bin gestern an das ende der welt gelaufen...900 km quer durch spanien sind damit zu ende...

der tag wurde heute von katerstimmung dominiert...der grosse kehraus nach dem grossen rausch...das ziel ist endgueltig erreicht...der camino ist zu ende...beim umkehren am kap habe ich bereits den ersten schritt eines neuen weges gemacht...

ich sass heute mehr oder weniger den ganzen tag am strand, habe aufs meer gestarrt und versucht, meine gedanken zu sortieren...ist mir aber sicherlich noch nicht abschliessend geglueckt...

am abend mussten wir dann auch cristina verabschieden...und das war ganz schoen hart...da waren es nur noch zwei...

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Donnerstag, 7. Juni 2007
santiago de compostela
wir stehen heute ausnahmsweise als allererste auf. wir wollen unbedingt zur mittagsmesse in santiago ankommen. als wir um 6:30 uhr abmarschieren ist es noch dunkel. wir laufen mit taschenlampe durch den wald. es ist schaurig schoen in einer gruppe durch den stockdunklen wald zu laufen. als es hell wird, laufen wir mal wieder jeder fuer sich, um uns auf die ankunft in santiago vorzubereiten. sie bedeutet fuer jeden wohl etwas anderes. normalerweise soll man am monte de gozo freudenseufzer ausstossen, weil man dort die kathedrale zum ersten mal aus der ferne sieht. bei uns liegt alles im dichten nebel. dies passt auch zu meinen recht nebuloesen gedanken zur ankunft. soll ich mich freuen? soll ich angst haben, dass es jetzt vorbei ist?

bei hape hiess es: "jeder bekommt die ankunft, die er verdient". unser erster eindruck von santiago ist eine demo aus wuetenden feuerwehrmaennern (bombeiros), die fuer bessere beschaeftigungs-konditionen schon mal ein paar dummies in bombeiro-uniformen direkt nach dem santiago-ortsschild anzuenden. das fernsehen ist auch da. die polizei geht mit rauchbomben dazwischen. wir sind mittendrin statt nur dabei. ratlose pilger, die zur falschen zeit am falschen ort sind. wir schauen, dass wir aus diesem aggressiven klima so schnell wie moeglich herauskommen. beim blick zurueck meinen wir aif ein kriegsgebiet zu schauen. womit haben wir denn das verdient?

als wir uns dem centro historico von santiago naehern, durchzuckt es mich, als ich den ersten wegweiser auf die kathedrale wahrnehme. mein herz schlaegt schneller. ich muss rennen. ich muss jetzt endlich ankommen. den anderen geht es aehnlich.

und dann: ich komme an. endlich?! ich schnalle meinen rucksack ab und bleibe erstmal 10 minuten reglos und ehrfuerchtig vor die kathedrale sitzen. wir sind jetzt tatsaechlich angekommen...wir treffen auf riana und annerie. die freude ist riesengross.

in der pilgermesse habe ich traenen in den augen, da eine nonne wunderschoen zu orgelmusik singt. ich werde als einer von 11 deutschen pilgern vorgelesen, der heute in santiago angekommen und, die von st. jean aus losgelaufen ist. ich bin eigenartig stolz auf mich und meine leistung.

ich sterbe den pilgertod. mein ziel ist erreicht. per offiziellen compostela-verwaltungsakt bin ich nun kein pilger mehr...

tim und nicole haben heute geburtstag. nicole bekommt von uns analog hape vier gloeckchen. cristina, tim, nicole und ich bekommen jeweils ein exemplar. die anderen werden es hoeren, wann immer einer bimmelt. nicole ist sehr geruehrt...

am nachmittag treffen wir hier auf fast alle, denen wir auf den weg begegnet sind. selbst rentner-r. habe ich in der messe gesehen. leider verliere ich ihn hinterher aus den augen. zum abschluss haette ich gerne nochmal mit ihm gesprochen. cristina ist ausser sich und meint "es ist einfach nur magisch". recht hat sie. wir alle grinsen wie die honigkuchenpferde und sind unglaublich gluecklich. unsere gruppe ist mittlerweile auf weit ueber 20 leute angewachsen. wir trinken wein aus plastikbechern und liegen auf dem platz vor der kathedrale in der sonne auf den warmen steinen. im hintergrund spielt ein dudelsack die melodie von "the severed garden" von den doors. es ist unbeschreiblich...einer der augenblicke, die man fuer immer festhalten muss...



wir sitzen vor einer coolen kneipe. mit grossem touhouwabou (schreibt man das so?) kommt eine anti-g8-demo vorbei. direkt neben unseren koepfen spruehen vermummte demonstranten ihre parolen an die haeuserwand. nochmals mitendrin statt nur dabei...spaeter tanzen wir schon reichlich angetrunken zu beastie boys...

wir werden sehr von einem gehbehinderten strassenmusiker beruehrt, der uns vor der kathedrale ein wunderschoene lieder zu gitarrenbegleitung singt. als er von uns spontanen beifall (und reichlich euros) bekommt, ist er sichtlich geruehrt. es passt perfekt zur bittersuessen stimmung. schade, dass er keine cds hatte. eine schulklasse ist wohl ueber nacht zur exkursion hier. aufgekratzt toben sie auf dem kathedralen-vorplatz herum und machen erste erfahrungen mit alkohol und fummeln. dann holt uns der erste abschied des weges wieder wtas herunter. wir verabschieden uns von unseren lecker-ladies. sie geben uns mit traenen in den augen muetterliche umarmungen. es faellt uns allen sehr schwer. wir ahnen, dass uns in den naechsten tagen noch schwere abschiede bevor stehen...

wir bleiben auf den warmen steinen des kathedralen-vorplatz liegen. es werden immer weniger leute. zum schluss sind wir vier fast ganz alleine. es ist eine lange nacht. gegen 5:00 uhr fall ich (wahrscheinlich laechelnd) in mein bett...

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ein dickes "danke" an all diejenigen, die an mich geglaubt und mich unterstuetzt haben. ich habe euch alle in meinem herzen in die kathedrale getragen und heute an euch gedacht...

ein ganz besonders herzliches "danke" an andrea, die so lange auf mich verzichtet/verzichten muss...ich liebe dich!

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Dienstag, 5. Juni 2007
arzua
wir haben fuer heute ein vierbettzimmer in einer privaten herberge in arzua vorgebucht. da wir heute mehr als 30 km vor uns haben und der fuehrer vor anstrengendem gelaende warnt, springen wir ueber unseren schatten und gehen schon mal um 6:30 uhr los. wir gehen es aber viel zu schnell an. nach 90 minuten bergauf haben wir bereits mehr als 7 km gelaufen. kurz nach 8:00 uhr machen wir dann unseren fruehstuecksstopp. vorher lachen wir uns aber noch ueber die bar "die zwei deutschen - los dos alemanes - wir sprechen deutsch" schlapp und gehen natuerlich prompt in die andere bar des ortes...

dann erwartet uns auch schon bald unser heutiges landschaftliches highlight. wir laufen durch einen schoenen eukalyptus-baum-urwald. eukalyptusbaeume riechen ein wenig nach basilikum!?



gegen 11:30 uhr trennt sich unsere vierer-gruppe. tim und nicole gehen weiter. cristina und ich machen siesta in der sonne. nach halbstundigem doesen in der sonne geht es mit tiefergehenden themen weiter. wir fragen uns, inwieweit unsere gruppe unsere offenheit beeinflusst. ich ertappe mich dabei, wie ich einige fuer mich wichtige themen auf die zeit, in der ich alleine sein werde, unbewusst zurueckgestellt habe. manchmal fehlt mir zwar der tiefgang meiner ersten zwei wochen, das gehen in der gruppe fuehlt sich aber trotzdem richtig an. wir sind zwar gierig nach neuem, fuehlen uns in unserer vierer-konstellation gut aufeghoben. strebt der mensch ganz automatisch nach bestaendigkeit? ist das charakterabhaengig? sind wir nur solange, wie wir es auch muessen 100 % offen?

wir fragen uns ausserdem, was un die ankunft in santigao bedeuten wird. cristina ist ja schon mal 180 km auf dem jakobsweg gegangen und hat bei der ankunft in santiago seinerzeit vor ruehrung geweint. fuer mich ist santiago eigentlich nur zwischenziel auf dem weg nach finisterre. wenn ich aber an die vielen millionen menschen denke, die vor mir in santiago angekommen sind, wird mir schon anders. damit erreiche ichnach ueber 800 km gehen das offizielle pilgerziel. vermutlich wird es mich schon sehr anruehren. vamos a ver...

wir reden ausserdem ueber freiheitsstreben und sicherheitsdenken. wir fragen uns, wie und wer diese unterschiedlichen charakterauspraegungen beeinflust...

wir treffen heute insgesamt dreimal auf den ehemann unseres mettmnner-mercedespilgerpaares. langsam nervt er wirklich...

nach wirklich sehr anstrengenden 30 km meist bergauf kommen wir gegen 14:00 uhr in unserer herberge an. wir checken fuer jeweils 15 euro in unser nettes 4er-zimmer ein. die dusche ist im vergleich zu dem eiskalten rinnsal gestern super. heiser massagestrahl fuer die mueden wanderwaden...

nach dem einchecken gehen wir erstmal lecker pizza essen. die anderen legen sich nach dem essen zur siesta ins zimmer. morgen koennen wir ausschlafen. nach unerer etappenplanung muessen wir morgen nur 18 km laufen. das naechste 4er-zimmer in einer prvaten herberge ist bereits gebucht...

...noch 35 km bis santiago!

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Montag, 4. Juni 2007
palas de rei
ich lag gestern nacht in dem 120-personen-schlafsaal mit der ueblen feldlazarett-atmoespahere kopf an kopf - nur durch einen duennen vorhang getrennt - mit einem rueden spanier, der entweder heftig grunzend geschnarcht oder mega-laut "aaaaaaaaaaaaaah" gestoehnt hat. den genervten gespraechen heute morgen nach zu urteilen hat deswegen wohl kaum einer so richtig geschlafen.



ich habe mich gottseidank an meine ohropax-earplugs erinnert. nach etwas eingewoehnungszeit ging das ganz gut und ich habe mindestens sechs stunden am stueck geschlafen. nicole hingegen hat gar nicht und die "ich-scheisse-und-schlafe-ueberall-cristina" nur aeusserst schlecht und wenig geschlafen. so ist das eben mit den uebertreibungen bei den italienischen lebensweisheiten ;o).

cristina hat gestern noch leute aus bergamo kennen gelernt und will erstmal ein stueck mit ihnen gehen. sie schliesst sich aber bald wieder uns an, da es sich um eine art italienischer philosophie-kurs handelte, der ihr staendig viel komplizierte fragen stellte...

die landschaft ist heute nicht mehr ganz so spektakulaer wie an den vergangenen beiden tagen. wir haben etwas angst, dass wir heute kein bett mehr bekommen. von portomarin aus sind ueber 200 pilger vor uns aufgebrochen. wir vermuten, dass die meisten - so wie wir - bis zur naechsten groesseren stadt palas de rei pilgern. dort gibt es aber nur ca. 60 pilgerbetten. vorreservierungen sind nicht moeglich. wir schalten daher auf turbo und verzichten auf unsere troedel- und siesta-pausen. irgendwann holt nicole ihr handy heraus und wir marschieren zu gute-laune-machern wie "come on eileen"...es macht mal wieder riesig spass mit meiner wandergruppe. wir warten die ganze zeit darauf, dass uns wieder mal ein wochenendpilger wegen unserer fehlenden ernsthaftigkeit mahnt...aber das bleibt aus.

die pilgerzahl auf den letzten 100 km hat drastisch zugenommen. es herrscht volkswandertag-stimmung. dies hat unter anderem die unangenehme folge, dass die schlafraeume der albergue municipales immer groesser und die privaten herberger immer teurer werden. kurz vor santiago gibt es eine albergue mit 600 (!) betten. hier werden wir uns voraussichtlich am mittwoch eine nette, teure private herberge goennen! viele der "letzte-100-km-pilger" machen viele pausen, greifen auf das taxi zurueck und schnappen uns dann die betten weg. aergerlich! viele lassen sich auch ihr gepaeck transportieren. nur wir halten natuerlich eisern mit den ueber 10 kilo am ruecken durch. immer wieder begegnen wir unserer "schnabbels" - einem ehepaar mettmanner mercedes-pilger. sie laeuft oder faehrt fahrrad (aber nur bergab) und laesst sich ihre gepaeck von ihrem ueberaus korpulenten gatten im begleit-mercedes transportieren. in fast jede pilgerherberge gehen sie dann, um sich unter echten pilger zu fotografieren.

gegen 13:00 uhr checken wir als die letzten in die albergue municipal ein. es ist alles unglaublich siffig. ich muss heute seit laengerem mal wieder oben im stockbett schlafen. tim, nicole und ich sind auf drei schlafsaele verteilt. cristina bekommt kein bett mehr und muss mit isomatte auf dem siffigen boden schlafen. der niederlaender unter mir begruesst mich freudig mit der aussage. "hier musst du die matratze festhalten - die laeuft sonst davon". schmuddelig waere wikrlich eine untertreibung. seit dem einchecken juckt es mich staendig...wer weiss, was wir uns hier fuer tierchen mitnehmen...

in folge der fehlenden cafe-con-leche-pausen haben wir alle einen maechtigen hunger. die anderen wollen unbedingt das galicische nationalgericht, den pulpo (tuntenfisch in eigener tinte), probieren. wir gehen erstmal wie die spanier um 15:00 uhr zum mittagessen. das pilgermenu ist lecker, billig und sehr saettigend. wir kippen uns dazu zwei flaschen weisswein (ein weisswein, der sogar mir schmeckt!) rein. der pulpo soll laut den anderen ein tolles geschmackserlebnis sein...



noch drei etappen bzw. 65 km bis santiago. wenn alles so klappt, wie wir uns das vorstellen kommen wir am donnerstag gerade rechtzeitig zur mittagsmesse an...nicole, cristina und ich werden dann am freitag in weiteren drei etappen (ca. 100 km) nach finisterre weiterlaufen. tim wird im mietwagen der heeeeelllllllllllooooooo-
girls mitgenommen. am samstag geht dann bereits sein flieger zurueck nach koeln...

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Sonntag, 3. Juni 2007
portomarin
und noch ein geiler wandertag...

ich bekomme langsam ein schlechtes gewissen. ich frage mich, ob ich noch pilger oder schon wandertourist bin. nic. meint, dass wir ja auch schon andere tage durchgemacht haben. die schlechten tage lassen uns die guten tage eben umso besser erscheinen.

ich muss mich wiederholen: galicien ist einfach nur wunderschoen. es riecht fast ueberall nach schweinestall und kuhdung. die leute erscheinen kauzig, aber sehr ueberschwenglich. hier hat der bauer eben noch eine liebesbeziehungen mit seinen tieren. alles wirkt etwas zurueckgeblieben, aber trotzdem sehr herzlich. es eignet sich auf jeden fall als ort der projezierten sehnsuechte deutscher krankenkassenangestellter...

wir stehen heute wirklich erst um 9:00 uhr auf und fruehstuecken in der naechsten bar bei lautem motorradrennen aus dem fernsehen. der herzliche barmensch sieht aus wie eine spanische version von tony marshall mit grauer elvis-tolle und ist sehr lustig. beim fruehstuecken erinnern wir uns an eine "schluesselszene" von gestern, die beweist, dass der weg uns bereits veraendert haben muss. tim und ich verspuerten gestern mittag einen vehemnet unmenschlichen kotdrang. die hospitalera im kloster in samos hat uns aus reiner naechstenliebe auf die klostertoilette gelassen. dort sassen wir dann nebeneinander - box an box - und haben uns waehrend des kackvorganges angeregt unterhalten. auch tim konnte die erste woche des caminos ueberhaupt nicht aufs klo und bezeichnet sich selbst als heimscheisser. chr. meint nur unbeeindruckt mit ihrer typischen italienischen singsang-satzmelodie "ich scheisse und schlafe ueberall". das waere ein genialer buchtitel...

wir laufen durch den angeblich verzauberten eichenwald. doch das ist wieder mal hape-quatsch, denn rein gar nix aussergewohnliches passiert. der wald ist einfach nur wunderschoen. in ihm sind viele uralte und riesengrosse eichen zu bestaunen. der dichte nebel verleiht ihm zusaetzlich eine ganz eigene mystik.



wir wandern weiter durch wunderbar gruene landschaften, durch kleine moosueberwucherte steinmaeuerchen abgetrennte felder und kleine 5-haeuser doerfer. gegen mittag reisst es auf und die sonne kommt richtig raus.

gegen halb eins erreichen wir den offiziellen "noch-100-km-bis-santiago"-stein. uns wird allen ganz anders. es ist so, als ob wir erst hier begreifen, dass wir wirklich schon 700 km quer durch spanien gelaufen sind. wir lassen uns wie japanische touristen in allen moeglichen posen neben dem stein fotografieren. in der naechsten dorfbar stossen wir erst einmal mit einigen bieren darauf an. selbst nic. trinkt dem anlass entsprechend mal reines bier. wir bleiben ueber eine stunde in der bar, so dass chr., die ganz auf iihre talienische art einige siestas eingelegt hat, uns wieder einholen kann.

da wir ja telefonisch vorreserviert hatten machen wir dann auch nochmal ca. 5 km vor unserem heutigen ziel siesta. wir kommen heute erst um kurz nach 17:00 uhr an und erleiden erstmal einen schreck. unsere reservierung wurde verbummelt und die albergue ist schon "completo". in der anderen ist aber gluecklicherweise noch platz.



portomarin ist ein netter ort, der wegen einem stausee auf einen berg ziehen musste. so wurde beispielsweise die kirche komplett ab- und wieder aufgebaut. viele spanier nutzen den see am wochenende zur naherholung. wir picknicken auf einer anhoehe mit fantastischen see-blick. es schmeckt toll und wir sind alle sehr entspannt. ich habe gestern nacht auf den dach schon "besser wirds wohl nicht mehr" gedacht. der heutige abend hat es aber doch noch mal getoppt.



unschoen jedoch: wir fuettern einen jaemmerlich aussehenden strassenkoeter, der sogar unser brot begierig futtert. die tiere hier sind echt ein thema fuer sich, zu dem ich mir gar nicht laenger gedanken machen darf. mir tun die vielen jaulenden kettenhunde und abgemagerten katzen richtig weh. katzen haben in spanien wohl ueberhaupt keine lobby...

kathrin und markus haben ja wegen meiner weiteren plaene gefragt -->ich stelle es mir momentan so vor...

* 07.06. = ankunft in santiago
*drei tage weiterlaufen ans ende der welt (fisterre)
wenns mir dort gefaellt bleibe ich dort erstmal ein bis zwei tage...
* ansonsten fahre ich mit dem bus zum ausgiebigen sightseeing (4-6 tage) weiter nach madrid
* wenn zeit bleibt mache ich evtl. einen kleinen umweg (2- tage) ueber das historische toledo
*busweiterfahrt nach sevilla ebenfalls zum ausgiebiges sightseeing und allabendlichen flamencobar-besuchen
* ca. am 22.06. weiterreise nach malaga, um das picassso-museum zu sehen!
* am 24.06. um 6:50 hole ich "mi corazon" am aeropuerto malaga ab

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Samstag, 2. Juni 2007
sarria
ein geiler wander-tag mit drei freunden (tim, chr. und nic)

im sonst so verregneten galicien hat heute den ganzen tag die sonne geschienen

ab nachmittag war es zum wandern dann fast schon zu schwuelwarm.

wir hatten erst einen heftigen abstieg

dann ging es auf und ab durch alte kleine galicische bergdoerfer und kuhfladen.

eine kuh einer vorbeilaufenden herde hat mir mit ihrem horn einen rempler mitgegeben. mir ist aber nix passiert. ab sofort aergere ich keine kuehe mehr

die landschaft ist ganz toll und unglaublich gruen...wir waren alle noch nicht in irland, stellen es uns aber so vor...

das letzte stueck geht an der nationalstrasse entlang. nic wird beinahe von einem raser-idioten angefahren...

nach ueber 30 km erreichen wir unsere wieder vorreservierte private herberge.

es kostet etwas mehr (10 euro), dafuer haben wir ein viererzimmer und frische bettwaesche.

wir lassen den hospitalero fuer 7 euro unsere komplette dreckwaesche maschinenwaschen und trocknen.

wir gehen zum abendessen in die stadt, lassen uns extrem knoblauchige patatas bravas schmecken und trinken reichlich san miguel.

highlight: wir kehren gegen 23:00 uhr in die herberge zurueck und setzen uns auf die sonnenterasse im dritten stock. unter uns liegt die ruhige in oranges licht getauchte stadt. wir luemmeln mit den fuessen auf der hauswand, schauen in die sterne und chillen ausgelassen bis nach mitternacht bei dosenbier. ich fuehle mich in eine endsequenz von "scrubs" hineinversetzt. als soundtrack wuerde nur noch"high" von feeder im hintergrund fehlen.

...I'm going out for a while
So I can get high with my friends
I'm going out for a while
Don't wait up cause I won't be home today


wir vereinbren, dass wir bis 9:00 uhr ausschlafen und es langsam angehen werden. wir haben bereits wieder vorreserviert. morgen geht es unter die 100 km grenze...

ab sarria sind es noch 111 km...

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fonfria (01.06.07)
puh, das war wirklich harter stoff. insgesamt drei knackige steigungen. laut fuehrer haben wir jetzt aber die letze grosse huerde vor santiago ueberwunden...

die nacht in den aeussert bequemen betten war toll. wir haben fuer pilgerverhaeltnisse bis 8:00 uhr ausgeschlafen. anschliessend nehmen wir unserer netten dame des hauses unser fruehstueck. wir laufen heute alle alleine und treffen uns zum mittagessen am hoechten punkt in o' cebreiro. die landschaft wird von schritt zu schrit toller. steinige anstiege fuehrern mich auf den ruecken gruener berge mit tollen weitblicken. irgendwo zwischen irland, oesterreich und suedtirol. ich probiere die achtsamkeitsuebungen aus meinem dalai lama hoerbuch und laufe meditierend. es dauertnicht lange und ich bin mal wieder eins mit der natur...

gegen mittag erreiche ich dann das denkmalgeschuetzte touristendorf o' cebreiro.



reichlich taxi-pilger und schulklassen haben sich schon vor mir eingefunden. es gibt das aelteste pilger-refugio und die aelteste erhaltene kirche des weges zu sehen. in der kirche ist der aus dem wunder von o' cebreiro bekannte kelch und hostie ausgestellt. diese zieren noch heute das galicische nationalwappen.

eigentlich besteht das dorf nur aus zwei touri-shops, etlichen bars und mesons. alles ist zwar recht touristisch, hat aber trotzdem charme. es erinnert ein bisschen an das dorf von asterix. ueberall sind keltische einfluesse zu sehen . so wurde ich zum beispiel mit dudelsackmusik empfangen. angeblich soll man dort noch an hexen glauben...zum mittag hole ich mir eine gaenseschmalvergiftung. meine tortilla wurde offenbar in einer ausgelassen gans angebraten. ich merke es aber zu spaet und mir ist zeitwilig richtig uebel...



wir quaelen uns ueber zwei weitere aufstiege und landen um 16:00 uhr in der privaten herberge, in der wir teleofnisch reserviert hatten. da das restliche dorf aus lediglich zwei weiteren bauernhoefen und reichlich kuhfladen besteht, sind wir froh, dass in unsere herberge eine bar mit abendessensmoeglichkiet integriert ist. ich bin so platt, dass ich mich nach dem duschen erstmal eine stunde aufs ohr hauen muss. abends breche ich dann meinen vorsatz, bis santiago keinen alkohol mehr zu trinken. auch in galicien wird sidra (cider) getrunken. wir sind uns einig, dass wir wohl offenbar bis irland gelaufen sind...

im riesigen aufenthaltsraum sind bequeme sofa-ecken aufgestellt. es gibt eine panoramfensterwand auf die galicische bergwelt. dort erlebe ich dann einen dieser wertvollen moment, die man am liebsten fuer immer festhalten moechte, weil gerade alles in sich stimmig ist. wir luemmeln zu viert in den sofas, starren auf die von der untergehenden sonne angestrahlten berge und hoeren aus nicoles handy "america" von razorlight...ganz grosses kino...

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vega de valcarce (31.05.07)


zunaechst mal sorry fuer die unregelmaessigen bloggs. aber nicht jedes galicisches bergdorf hat eben internet.

wir sind schon so pilger...offenbar sind wir mittlerweile doch komplett entschleunigt. nach gerade mal 16 km haben wir heute 7 km vor unserem eigentlichen etappenziel spontan und kurzentschlossen drei doppelzimmer in einem ferienhaus genommen. die vermieterin ist verkaeuferin in der nagelneuen und nett eingerichteten panaderia, in der wir cafe con leche trinken. die atmosphaere dort ist einfach zu herzlich und nett. sie macht uns unsere bocadillos con francesa (eine art broetchen mit ruehrei) frisch in der einsehbaren kueche. da wir ohnehin schon laenger quengeln, schlage ich vor, nach dem preis fuer die sicher tollen zimmer zu fragen. wir sind den ganzen tag immer wieder durch regen gelaufen und kamen heute morgen nur schwer in die gaenge. als wir den preis (25 euro fuer das dz) hoeren sind wir uns schnell einig und ziehen ein in unser neues zu hause.
mit dem ziel fast schon vor augen bekommen wir offenbar langsam angst, anzukommen...

am ausgang von villafranca verpassen wir heute morgen den "camino duro" und laufen doch neben der nationalstrasse vi. das ist das stueck, wo hape einst seinen pilgerstab den lkws entgegenstreckte und schnell um die kurven rannte. mittlerweile gibt es hier eine neu gebaute autobahn, die den ganzen lkw-verkehr abbekommt. ausserdem wurde der pilgerweg aus sicherheitsgruenden mit einer massiven betonabtrennung von der strasse separiert. also alles nicht mehr schlimm...

ich laufe den morgen mit chr., die mich oft fuer meinen deutschen bloedsinn ruegt. in der tat kann ich mir von ihrer vorbildlichen italienischen scheissegal-einstellung eine scheibe abschneiden. es geht wieder darum, was wir von dem weg mitnehmen. wir sind uns einig, dass wir auf dem weg bisher keine fragen endgueltig beantwortet bekommen haben. vielmehr haben sich durch die unterschiedlichen neuen blickwinkel eher neue fragen aufgeworfen. wir sind uns sicher, dass der weg uns schleichend von tag zu tag veraendert, merken diese veraenderung aber wohl nicht selbst. wir sind gespannt, was fuer ein feedback uns nahestehende personen geben werden. ganz sicher hat der weg aber unsere flexibilitaet und spontaniitaet beeinflusst. die nachhaltigste erkenntnis ist keine wirklich neue. das leben kann einfach sein. wahrscheinlich ist man dann auch gluecklicher...wir koennten eigentlivh mit wesentlich weniger zufrieden sein. wir haben alles im ueberfluss. dies wurde uns besonders deutlich als wir neulich im "el corte ingles" (eine art nobel-kaufhaus) in leon waren. dort gab es eine ca. 10m lange regalreihe von verschiedenen olivenoelen. die omi, die im nebenraum ihres wohnzimmers nebenbei einen gemischtwarenladen betreibt, hat ein einziges im sortiment. das reicht aber auch zum kochen...wozu brauchen wir immer mehr? alles muss immer hoeher, schneller und weiter sein. von zeit zu zeit ist es daher sehr wichtig, sich wieder auf ein einfaches leben zurueck zu besinnen. dafuer ist der jakobsweg sehr gut geeignet...auf dem camino lebt man tag fuer tag nur mit dem noetigsten. man kauft nur das, w as man auch wirklich an diesem tag verwendet. alles zu viel gekaufte muss man unnuetz durch die gegend schleppen. im alltag wird es fuer mich eine herausforderung diese neu gefundene einfachheit langfristig zu konservieren. fuer kuenftige urlaube koennte ich mir daher taize, kloster oder erntehelfer vorstellen...

wie bekomme ich jetzt die kurve zurueck auf unser luxuroeses ferienhaus? es ist nagelneu. jedes zimmer wirkt wie ein musterzimmer aus dem ikea-katalog. wir haben eine gut ausgestatte kueche und sogar einen kamin. hier wurde mit viel liebe und sinn fuer details alles richtig gemacht. meine anderen mitpilger waren bisher nur in herbergen. fuer sie ist das wirklich das erste mal luxus. die augen unserer maedels leuchten wie bei kleinen kindern zu weihnachten. endlich mal nicht in dem mittlerweile miefigen schlafsack verbringen. auch frische bettwaesche kann luxus sein...

am abend bereite ich bruschetta und zwei riesige salatschuessel fuer uns alle vor. wir essen in dem grossen esszimmer miteinander. es ist ein sehr netter abend ausserhalb der ueblichen herbergen-atmosphaere. es fuehlt sich eher so an, als haette man mit guten freunden ein ferienhaus zum urlaub bezogen...ich habe uebrigens ein zimmer mit tim...;o)

da wir aber ausschlafen koennen, planen wir nicht vor 9 loszugehen...wir lassen es uns gut gehen, denn morgen gilt es beim aufstieg auf den o' cebreiro 700 hoehenmeter in 27 km zu ueberwinden...

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Mittwoch, 30. Mai 2007
villafranca del bierzo
gestern abend beim abendessen waren wir alle doch sehr "destroyed". fuer heute haben wir uns daher nur 22 km vorgenommen. wir wollen es langsam angehen lassen. die nacht im luftschutzkeller war weniger schlimm als erwartet. wir alle haben gut geschlafen...

wir goennen uns heute zum fruehstueck etwas besonderes und gehen in eine churreria. als spezialitaet wird dort gibt das tradtionelle andalusische fettgebaeck (churros) frisch zubereitet. dazu wird eine aeusserst dickfluessige und wunderbare trinkschokolade gereicht. das eintunken der churros erinnert an schoko-fondue. da es ausserdem einen herrlichen cafe con leche und wellness-sanitaer-anlagen gibt bleiben wir fast eineinhalb stunden. dies entspricht ziehmlich genau 4000 kilokalorien pro person...



die sueafrikanerinnen brechen kurz vor uns auf. annerie laesst ihren foto liegen, den wir ihr aber mitnehmen. als wir ihn ihr bei der ersten pause erreichen, ist sie uebergluecklich, da er fuer sie einen sehr hohen ideellen wert hat. sie hatte sogar schon geweint...

der weitere weg verspricht easy-going. spaetestens alle 5 km wartet gibt es eine bar...ich habe tims furchtbare karnevalsgesaenge von gestern noch im ohr und schlage listig vor, dass wir jeweils bis zur naechsten bar schweigend und jeder fuer sich laufen werden. chr. und nic. sind sofort feuer und flamme fuer diese idee. es ist zwar toll in dieser gruppe zu laufen, manchmal brauche ich aber trotzdem zeit fuer mich. chr. und nic. geht es wohl auch so. es ist aber toll: keine verpflichtungen...

wir halten das schweigen tatsaechlich durch. ich nutze das es fuer aufmerksamkeitsuebungen und versuche die immer toller werdende landschaft mit allen sinnen so intensiv wie moeglich aufzunehmen. es geht durch alte zerfallene doerfer, wunderschoene weinberge, gruene waelder, obstbaeume und bunte blumenwiesen. das alles wird von gruenen berglandchaften eingerahmt. ich wandere mich mal wieder in meditation...

zum mittag nehmen wir die fast schon obligatorishen bocadillos con tortilla.



nach der mittagspause bleiben wir zusammen und wandern weiter durch obstbaeume und weinberge. wir stehlen kirschen, machen eine halbe stunde siesta in der sonne mit tollem blick und haben es heute gar nicht eilig anzukommen. wir sind mittlerweile komplett anders (vor allem langsamer!) unterwegs. noch vor zwei wochen hetzten wir bis spaetestens mittag in die alberguen. gut, dass es jetzt mehr plaetze gibt... gegen 16:00 uhr erreichen wir die albergue, wo die maedels aus suedafrika betten fuer uns reserviert haben und uns mit einem sehr ueberschwenglichen "hhhheeeeeeeeellllllllllllllloooooooooo!" empfangen. der hospitalero wirkt wie ein ex-junkie, der noch heute gerne seine mahlzeiten raucht...hygienisch ist auch mal wieder nicht alles einwandfrei. sber was solls? wir sind uns einig, dass wir einen tollen tag hatten. und direkt vor uns liegen die beiden koenigsetappen des jakobsweges auf dem camino duro. laut fuehrer soll die landschaft bis santiago ausschliesslich wunderschoen sein...

noch 177 km!

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ponferrada (29.05.07)
sind heute morgen nach gutem reichlichen freuhstueck und sehr herzlicher verabschiedung von dem suessen hospitalero-paar (ann + brendan) losgelaufen. nic. und chr. wirken bedreuckt und moechten etwas alleine gehen. ich gehe mit tim. es kommt zur kultigen unterhaltung: "heute morgen sind wir alle etwas einsilbig, oder" - "ja" -5 minuten puase -lachen...

es ist verdammt kalt und neblig/wolkig heute morgen. wir steigen auf netten steinigen bergpfaden stetig nach oben und erreichen schon bald die ehemalige geisterstadt "foncebadon".



das ist da, wo hape angst vor den hunden hatte. mittlerweile gibt es ausser den verfallenen haeusern auch wieder eine bar und eine albergue fuer die pilger. wir nehmen zum aufwaermen gerne eine cafe con leche, denn das thermometer vor der tuer zeigt 2,4 grad (!). ich wandere in 4 schichten (funktionsunterhemd, fleecepulli, windjacke und poncho). von den gefaehrlichen hunden ist weit und breut nix zu sehen. mitten auf dem weg schlaeft ein riesen bernhardiner, der froh ueber meine streicheleinheiten ist. aber trotzdem: die zerfallenen haeuser wirken im dichten nebel schon "very spooky". es dauert nicht lange und unsere lustigen sued-africa-ladies (riana + annerie) entern mit lautem "hhheeeeelllllllllllllllooooooo!" die bar. sie machen an wirklich an jeder bar halt...

wir wandern weiter bergan und stehen auch schon bald vor dem "cruz de ferro". es ist allerdings voellig unspektakulaer. ein ca. 2m hoher steinhaufen mit holzstamm und kreuz direkt neben einer pass-strasse gelegen. im hintergrund rumort lautstark ein baustellenfahrzeug. pilger stapfen munter auf dem huegel umher. eine asiatische pilgerin umarmt den stamm doch tatsaechlich bloed grinsend und laesst sich dabei mehrfach fotografieren. auch ich hatte mir natuerlich schon gedanken darueber gemacht, was ich loslassen wollte, komme hier aber nicht in stimmung. was ich als ort der besinnung und inneren einkehr erwartet habe, entpupptt sich leider als klein-neuschwanstein des jakobsweges. eine weitere zu viel hohe erwartung, die gnadenlos desillusioniert wurde...



wenigstens verwoehnt uns die landschaft endlich wieder. riesiger gelb, weiss und violett bluehender ginster, lila rosmarin-blueten und rosa-heidekraut xxl begleiten uns den ganzen weg. wegen der wolken sehen wir zunaechst nicht so viel von den spektakulaeren tiefblicken, die mein fuehrer verspricht. gegen mittag reisst es dann aber endlich auf und gibt den blick auf wunderbare panorama-rundblicke frei. es fuehlt sich mittlerweile etwas wie bergwandern in oesterreich an. in el acebo kehren wir zur mittagspause in eine zuenftige huette ein. feels like apres ski mitten in spanien...



nach der mittagspause beginnt der 1000 hoehenmeter umfassende schiefersteinige abstieg. viele pilger warnen uns davor, ihn in einem stueck zu gehen, da sonst die knie kaputt gehen. wir hoeren natuerlich nicht auf sie...

mitten in einem besonders steilen stueck laufen wir auf einen mann auf, der mir von weitem schon mit seinem extrem unsicheren gang auffaellt. ist er komplett erschoepft? ist er total betrunken? ist er behindert? halbherzig frage ich ihn im vorbeigehen, ob denn alles "todo claro?" sei. er reagiert nicht und ich ertappe mich dabei, froh zu sein, ihm nicht helfen zu muessen. chr. meint mit italienischem leichtsinn, dass wir uns um ihn keine sorgen machen muessen. wenn er es bis hierher geschafft hat, schafft er es auch weiter. ich beruhige damit zwar mein schlechtes gewissen, fuehle micht trotzdem schlecht...wenig spaeter drehe ich mich um und sehe, wie dem mann von einem von uns als deutsche arschloecher eingestuftem ehepaar geholfen wird. jetzt fuehle ich mich richtig scheisse...

nach 23 km anstrengendem auf und ab erreichen wir molinaseca. der abstieg ist somit geschafft und die knie muessen nicht durch kuenstliche ersetzt werden. nic. und ich lassen uns von tim und chr. ueberreden, noch die restlichen 9 km bis ponferrada zu gehen. nic., die heute eh schon ziehmlich in sich gekehrt scheint und der unsere fehlende zivilcourage auch auf den magen schlug ist nun auch noch auf sich stinking. eigentlich wollte sie in molinaseca bleiben, hat sich aber vom gruppenzwang ueberreden lassen. wir schleppen uns die restlichen 9 km in das huebsch in bergen eingebettete ponferrada. tim ist mittlerweile voellig durch den wind und unterhaelt uns mit einem potpourri aus koelner karnevalsliedern. hierdurch wird der weg noch mehr zur qual...

mit mueden knochen kommen wir nach insgesamt 33 km in ponferrada an.



ein arschloch-hospitalerom der sich wie ein tuersteher auffuehrt, empfaengt uns. uns werden betten in einem kalten und siffigen heizungskeller zugewiesen. die atmosphaere in dem schlafraum ist beklemmend. eine mischung aus asylantendurchgangslager und knast. unsere sonne aus suedafrika meint sogar "...like a concentration camp!". zu allem ueberfluss ist dann auch noch die dusche kalt...

vor dem abendessen gehen wir noch in eine ausstellung zum "camino". dort wird uns erst so richtig bewusst, wie weit wir schon gelaufen sind. langsam wird uns ein wenig bang, dass wir nur noch wenige km vor uns haben. die letzten 200 km vor santiago haben begonnen. laut fuehrer sind es noch acht etappen. wir haben uns - fuer den fall, dass wir uns verlieren - fuer den 07.06.07 um 17:00 uhr vor der kathedrale in santiago verabredet. denn dann haben tim und nic. beide geburtstag...

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Montag, 28. Mai 2007
rabanal del camino
auch heute leider nur kurzform:

danke fuer allen guten wuensche zu meinem wirklich aussergewoehnlichen geburstag!

wir starten heute um 7:00 uhr.

die landschaft wird endlich wieder spektakulaerer und dreidimesionaler.

ueberall blueht gelber gintser und lila rosmarin.

er war heute wieder ungewohenlich kalt mit widerlichen wind, was chr. zur kultigen "ich habe huehner"-aussage (sie meinte "gaensehaut")veranlasste.

ausserdem legendaer: ihr schlafsacksack...

wir waren alle etwas muede und kehrten bei gerade mal 20 km dreimal (!) ein.

die lustigste bar war das meson "cowboy" oder so aehnlich...eine mitten im nirgendwo gelegene saloon-artige bar...

haben um 13:00 uhr schon rabanal erreicht.

rabanal ist ein toller 50 einwohner-ort mit historisch-morbider aesthetik und viel flair. endlich schauen die kleinen doerfer nicht mehr trostlos arm aus. gut, dass wir die meseta endlich hinter uns haben.

wir sind jetzt in der albergue einer bruderschaft aus grossbritannien mit einem reizenden englischen ehepaar als hospitaleros.

die albergue ist in einem alten restaurierten haus und hat einen riesen garten.

nachmittags konnten wir uns nach dem kalten vormittag endlich in der sonne waermen.

ich habe fuer alle pasta mit gemuesesauce gekocht.

nette runde mit den hospitaleros...

zwei nettigkieten am rande:

1.) nic und chr. haben extra eine kerze fuer mich aufgetrieben und sie mir yes-torty-maessig auf einen traditionellen gebaeck praesentiert.

2.) die beiden maedels aus suedafrika meinen, dass ich sie verarsche und halten mich weiter fuer 26...

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