Mittwoch, 16. Mai 2007
burgos


kurz noch im telegrammstil die ereignisse von heute, da ich todmuede bin und schon wie zwei lange beitrage nachgetragen habe...

f. killt heute morgen beinahe zwei belgier.

die montes de oca sehen aus wie meine mischung aus lueneburger heide und brucker lache.

wir sind heute 45 km (!!!) gelaufen.

bin so platt wie bisher noch nicht - kann kaum noch laufen

wir mussten ca. 4 km direkt an der autobahn laufen.

die herberge ist eine zumutung.

brauche das erste mal flip flops beim duschen.

werde morgen einen tag pause in burgos machen, da es viel zu sehen gibt.

der weg von c. und mir wird sich morgen erstmal trennen.

wir haben adressen und handynummern getauscht und bleiben ueber sms in kontakt.

freue mich auf den pausentag.

merke, dass mein heimweh groesser wird

daher...

"...whenever i`m alone with you -
you make me feel like i am home again
whenever i`m alone with you -
you make me feel like i am whole again...
however far away - i will always love you
however long i stay - i will always love you
i will always love you..."
(the cure - lovesong, 1988)


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villafranca (15.05.07)
habe gestern die bisher intensivste pilgererfahrung erlebt. in der pilgermesse wurden wir pilger von einem fuer katholische verhaeltnisse aussergewoehnlich herzlichen priester fuer unseren weiteren weg gesegnet. er gab uns einige schoene worte mit und nochmal betont, dass wir uns mit jedem schritt des weges veraendern werden. beim ankommen werden wir nicht mehr diesselben sein. das ist zwar keine neue erkenntnis, hat mich aber in diesem feierlichen rahmen sehr beruehrt. er bat uns, durchzuhalten, damit wir so stellvertretend fuer all diejenigen, die - aus welchen gruenden auch immer - nicht aus eigener kraft nach santiago kommen, in santiago beten koennen. der aus den dorffrauen bestehende kirchenchor sang uns noch ein aufmunterndes, ganz und gar nicht sakral klingendes lied, dass mir mitten ins herz ging. es klingt total bescheuert: es war in diesem moment so, als wurde mir eine mission uebertragen, die ich auf jeden fall erfuellen muss.

die vielen anerkennenden schulterklopfer und "buen camino"s, die wir im laufe unseres bisherigen weges von den strengglaeubigen einheimischen bekommen haben, geben kraft. sie strahlen, wenn sie horen, dass man wirklich bis ganz nach santiago pilgert. man wird als pilger teilweise richtig hofiert. sie anerkennen und schaetzen unsere muehen sehr. als wir gesegnet wurden, hatte ich alle diese strahlenden gesichter vor meinen augen. es ist jetzt so, als wuerde ich diesen weg nun auch fuer sie zu ende gehen...doch dies war nur die overtuere zu dem eigentlichen highlight des tages.

der charismatische hospitalero hatte uns zwichenzeitich das abendessen gerichtet. in einem raum, der nicht groesser als ein wohnzimmer ist, hat er auf wundersame art und weise platz fuer 50 pilger geschaffen. in einer unvergleichlichen atmosphaere essen wir zu abend. fuer mich hat er extra einen lecker linseneintopf gekocht. die stimmung ist grossartig und entsprechend laut wird in vielen sprachen gelacht. ich sass zwischen lauter italienern und habe nur bahnhof verstanden. in diesem moment fuehlte ich mich ganz stark etwas sehr positivem ganzen zugehoerig. kaum hatten wir das essen beendet, wollten alle dem hospitalero etwas von seiner herzlichkeit zurueckgeben. selbstverstaendlich packten alle mit an. das chaos, das 50 abendessende pilger hinterlassen (inkl. dem abwasch) war in weniger als 15 minuten beseitigt. jeder half aus einer tiefen dankbar- und zufriedenheit heraus. alle zogen am gleichen strang. man konnte die positive energie fast physikalisch wahrnehmen. es war...magisch und laesst sich gar nicht richtig in worte fassen. ich war so geruehrt, dass ich mit glaesrigen augen vor die tuer musste, um etwas luft zu schnappen. dort war das sproede dorf gerade in das warme letzte licht des tages getauscht. ich erlebte einen wunderschoenen sonnenuntergang und habe einge tolle bilder geschossen. an diesem tag wollte mir wohl jemand eine lektion in waerme und herzlichkeit geben. erst spater las ich im fuehrer, dass der letzte pfarrer dieses kleinen dorfes eine ganz wichtige rolle bei der wiederbelebung des jakobskultes hatte. darum werden pilger hier besonders gut behandelt.

heute morgen ist es mir wichtig, dass ich dem hospiatlero bei der verabschiedung meine bewunderung und dankbarkeit zum ausdruck bringe. "you are the reason for my pleasant stay. you are such an heartful man. many thanks for everything". er strahlt ueber das ganze gesicht und packt mich freundschaftlich am arm. auch die anderen pilger verabschiedet er ueberschwenglich und wirkt dabei auf mich wie ein exzellenter musiker, der sich nach einem tollen konzert an den minutenlangen standing-ovations seines publikums erfreut. ich bin froh, dass ich ihm etwas zurueckgeben konnte. selbstredend fiel meine spende entsprechend hoch aus.

der hospitalero ist fuer mich der lebende beweis dafuer, dass es sich lohnt, uneigennuetzig fuer andere da zu sein. die investierte positive energie bekommt man um ein vielfaches verstaerkt zurueck.

zum heutigen tag gibt es ansonsten nicht viel zu sagen. pilgerbusiness as usual. die gruenen kornfelder wirken auf dauer ganz schoen monoton. mich beeindruckt lediglich eine formation aus 8-10 greifvoegel, die sich mittels thermik bewegungslos in die hoehe schraubt. wir spulen unsere 29 km routiniert herunter. zum schluss fuehrt uns der weg ca. 2 km an einer stark von trucks befahrenen bundesstrasse entlang. es macht wirklich keinen spass, den luftwirbel eines trucks, der mit knapp 100 km/h 1 m an deinem fuss vorbeifaehrt, ausgesetzt zu sein.



wir landen im potthaesslichen trucker-paradies "villafranca". die bar hat wahrscheinlich "from dusk til dawn" geoeffnet und beheimatet vampire. die herberge ist nicht mehr ganz so schlimm wie bei hape beschrieben, hat aber weder charme noch luxus. was solls? auch diese nacht wird vorrueber gehen...

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granon (14.05.07)
haben gestern nudeln mit tomaten-mais-sosse gekocht und uns dazu eine flasche rioja gegoennt. leider ist es nicht bei der flasche geblieben. mit f. und k. sind wir noch auf ein bier in die bar. hinterher haben wir dann nochmals eine flasche wein in der albergue nachgelegt. bin um 23:00 uhr ganz schoen breit in mein doppelzimmerbett gefallen und hab prima geschlafen.

heute morgen nehmen wir fuer 2 € ein micro-desayuno in der bar. um kurz nach 7 uhr kommt der erste stosstrupp aus dem 6 km entfernten najera. ruckzuck verbreitet sich die kunde, dass demnaechst 80 bettensuchende einfallen werden. wir lassen uns von der panik nicht verrueckt machen und gehen in unserem tempo los. "hace frio" ruft uns eine zahnluckige dorfalte hinterher. und recht hat sie: es ist heute saukalt. ich laufe die ganze etappe in voller montur (inkl. kopftuch ueber die ohren) und friere trotzdem noch.

bereits nach 3 stunden erreichen wir santo domingo del calzaba. das museum der kathedrale oeffnet gerade und wir gehen gleich rein. natuerlich gucken wir uns auch den wundergockel an. just in dem moment, in dem wir vor ihn treten, kraet der hahn achtmal. davor und danach schweigt er wieder. selbst als ganze reisegruppen an ihm vorbeige-schleusst werden gibt er keinen piep von sich. er kraete nur bei c. und mir. wenn das mal kein gutes omen ist. die legende sagt ja, dass man dann den weg nach santiago auf jeden fall schafft...wir entschliessen uns noch die 6 km bis zur naechsten albergue weiterzugehen.



granon ist ein kleines 20-haeuser-drof, dass von der landwirtschaft lebt. vor fast jeden haus parkt ein traktor. mann kann sich gut vorstellen, dass hier viele muetter und vaeter bruder und schwester sind. ich lasse mir den weg zur albergue erklaeren. erst denke ich, ich hoere nicht richtig: die pilger uebernachten in der kirche. zurueck- und weiterlaufen scheidet aber aus, da wir schon zu spaet fuer freie betten unterwegs sind..."das kann ja heiter werden", denke ich mir. doch dann werden wir warm und herzlich von einem alternativ und biblisch aussehenden hospitalero mit vollbart und grauer halbglatze empfangen.

er erklaert uns die spielregeln: es gibt keine betten -wir schlafen auf brauen ledermatten auf den fussboden. um 19:00 uhr kann man die pilgermesse besuchen. um 20:00 uhr kann ein gemeinsames abendessen eingenommen werden. um 21:15 uhr trifft man sich dann zum "last prayer of the day". er wird mir sogar extra etwas fleischloses kochen...das ganze kostet nix. er deutet auf die spendenbox. dort steht in mehreren sprachen "lasse hier, was du entbehren kannst; nimm dir was du brauchst". wenn mir mit ihm zufrieden sind, duerfen wir gerne mehr geben meint er schmunzelnd. ich bin sehr beeindruckt. smells like praktizierte naechstenliebe.

der hospitalero erweckt wirklich den eindruck, dass er mit ganzem herzen bei der sache ist. selbstlos traegt der hospitalero den ankommenden pilgerinnen die schlafsaecke zu ihren matten. eine ankommende pilgerin ist in einen platzregen geraten und ist klitschnass. mit einem strahlenden laecheln reicht er ihr ertsmal geistesgegenwaertig eine tasse kaffee. das ist erstmal wichtiger als die formalitaeten. so herzlich wurden wir bisher noch nie empfangen.

die unterkunft steht im krassen gegensatz zu der nagelneuen albergue von gestern. es ist das tradtionsreiche nebengebaeude der dorfkirche. reichlich unverputzter stein und holz dominieren die innenausstattung. es gibt sogar einen kamin, in dem knisterndes holz uns schon erwartet. es ist alt, aber urgemuetlich...da kann man die nicht ganz so tollen sanitaeren und die matten verschmerzen.

die herzlichkeit des hospitaleros uebertraegt sich auf die ankommenden pilger. bald sitzt gemeinsam man plaudernd vor dem kamin. direkt neben unserem schlafraum kommt man in das chorgestuehl der kirche. es ist bereits mit kerzen fuer den letzten prayer des tages geschmueckt.

ich werde bei allen gemeinsamen aktivitaeten gerne mitmachen und verstehe mich als teil eines gesamten...ich freue mich auf das abendessen und bin gespannt...

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